4. Verfolgung der polnischen Juden

Ab dem 1. September 1939 lebten etwa 60 Prozent der polnischen Jüdinnen und Juden unter deutscher Besatzung. Sie wurden sowohl von der Wehrmacht als auch von zivilen staatlichen Behörden verfolgt. Beeinflusst von antisemitischer Propaganda erniedrigten, entwürdigten und misshandelten
Wehrmachtssoldaten die jüdische Bevölkerung.
Die Niederlage der polnischen Armee führte zur Inhaftierung von knapp 60.000 jüdischen Kriegsgefangenen, die man in SS-Lagern wie dem Arbeitslager auf der Lipowa-Straße in Lublin festhielt.

Kolonne jüdischer Gefangener, eskortiert von SS-Offizieren, in der Bernardyńska-Straße in Lublin, um 1941.
Sammlung von Symcha Wajs.

Zu Kriegsbeginn fragte ein Wehrmachtssoldat meinen Großvater: „Warum trägst du diesen Bart?“ – „Ich bin Jude“, antwortete dieser. „Ich trage einen Bart.“ Darauf der Deutsche: „Dann wirst du nun ein Jude ohne Bart sein.“ Er nahm ein Messer und schnitt meinem Großvater in die Wange. „Jetzt schneide dich auf der anderen Seite“, forderte er meinen Großvater auf. Das waren keine Menschen. Das waren Monster!

Sarah Tuller, geboren 1922 in Piaski, aufgezeichnet 2010.

Wehrmachtssoldaten auf einem Zug nach Polen, September 1939.
Bildarchiv Yad Vashem.

Jüdinnen und Juden im Generalgouvernement mussten weiße Armbänder mit einem Davidstern tragen und ihre Bewegungsfreiheit war massiv eingeschränkt: Plätze, Hauptstraßen und Parks durften sie nicht mehr betreten, zu Schwimmbädern, Kinos und anderen öffentlichen Orten hatten sie keinen Zugang mehr. Jüdische Kinder hatten Schulverbot, Geschäfte, die Juden gehörten, wurden als solche gekennzeichnet, geschlossen oder geplündert. Synagogen und jüdische Friedhöfe wurden geschändet. Willkürliche Gewalt gehörte zum Alltag.

Überall hingen Plakate mit Verboten für Jüdinnen und Juden. Auf bestimmten Straßen durften wir zum Beispiel nicht spazieren. Niemand wusste, was der nächste Tag bringen würde. Jeden Tag gab es weitere Anordnungen. Die Deutschen sprachen über Plakate zu uns. Noch heute habe ich Angst, wenn ich Plakate sehe.

Różka Doner, geboren 1920 in Lublin, aufgezeichnet 2006.

Marie Lippas Schwesternkarte, ausgestellt von der Gesundheitskammer im Generalgouvernement 1942.
Sammlung von Symcha Wajs.

Ich war mir gar nicht dessen bewusst, was kommt. Mein Vater verlor sofort seine Fabrik. Die Deutschen nahmen uns alles weg – sie kamen einfach ins Haus und nahmen sich, was sie wollten. Und danach warfen sie uns aus unserer Wohnung in den jüdischen Wohnbezirk raus.

Nechama Tec, geboren 1931 in Lublin, aufgezeichnet 2005.

Blick vom Marktplatz der Altstadt auf die Grodzka-Straße in Lublin, ca. 1941. Das sichtbare Schild informiert darüber, dass der Eintritt ins Ghetto verboten ist.
Sammlung von Marek Gromaszek.

Extras:

Sarah Tuller

Różka Doner

Nechama Tec

Sammlung von Symcha Wajs

Sammlung von Marek Gromaszek