Wir sagten uns ständig, dass man uns nicht umbringen würde. Wir würden verfolgt. Ja. Aber sie würden uns nicht töten. Ich denke, dass wir bis zum letzten Moment nicht glaubten, dass wir alle sterben würden. Wir wollten es wohl nicht wahrhaben.
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Adam Adams, geboren 1923 in Lublin, aufgezeichnet 2011.
Der deutsche Überfall auf die Sowjetunion im Sommer 1941 führte zu einer Eskalation der antijüdischen Politik. Hinter der Front erschossen mobile Einsatzgruppen von Polizei und SS fast 2,2 Millionen jüdische Männer, Frauen und Kinder.
Die Entscheidung zur Ermordung aller Jüdinnen und Juden in Europa fiel Ende 1941 nach mehreren Treffen zwischen Hitler, Himmler, Heydrich und regionalen NS-Gauleitern.

Seite 6 des Protokolls der Wannsee-Konferenz, 20.01.1942, Zahl der Jüdinnen und Juden im jeweiligen Gebiet. Geschätzte Gesamtzahl im Generalgouvernement: 2.284.000.
Im Herbst 1941 begann die Planung und Errichtung der Vernichtungslager in Bełżec, Sobibór im Distrikt Lublin sowie Treblinka im Distrikt Warschau. Obwohl diese Lager in der Nähe von Bahnstrecken lagen, waren sie abgelegen und blieben der Öffentlichkeit weitgehend verborgen. Lublin wurde zum Verwaltungszentrum der „Aktion Reinhardt”, geleitet von Odilo Globocnik, SS- und Polizeiführer im Distrikt Lublin.

Sitz des Stabs der „Aktion Reinhard“ in Lublin in der Spokojna-Straße 1, ca. 1941.
Sammlung von Marek Gromaszek.
Wir wussten, dass etwas geschehen würde, doch was das war, konnte niemand ahnen. Dass sie uns alle verhaften und umbringen würden? Das kam niemandem in den Sinn. Menschen, die sich nicht bewegen konnten, ermordeten sie in ihren Häusern und Wohnungen. Wir hörten sie schreien. Bis auf die Straße. Es war schrecklich. Dann holten sie meine Schwester ab. Ich kann nicht… Ich kann nicht mehr darüber sprechen.
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Judy Josephs, geboren 1928 in Lublin, aufgezeichnet 2017.
Die sogenannte „Aktion Reinhardt“ begann am 16. März 1942 mit den ersten Transporten von Jüdinnen und Juden aus den Ghettos Lublin und später auch Lemberg (Lwów) ins Todeslager Bełżec. Binnen eines Monats wurden knapp 28.000 Lubliner Jüdinnen und Juden ermordet. Das Gebiet des jüdischen Viertels in Lublin wurde zerstört und mehrere tausend Jüdinnen und Juden wurden in das Ghetto Majdan Tatarski umgesiedelt, wo sie Zwangsarbeit verrichten mussten.

Deportation Lubliner Jüdinnen und Juden ins Todeslager Bełżec, 1942.
Bildarchiv Yad Vashem.
Am 24. März 1942 jemand, der damals im liquidierten Ghetto in Lublin war, schickte einen Brief, in dem er diese tragischen Ereignisse beschrieb. Wir kennen weder den Namen noch das Schicksal des Autors des Briefes und ein teilweise unleserlicher Text ist der einzige Beweis für dessen Existenz. Der auf Jiddisch geschriebene Brief blieb im Ringelblum Archiv erhalten:

Die Kopie eines Briefes eines Unbekannten im Ghetto Lublin vom 24. März
1942 blieb im Ringelblum Archiv im Warschauer Ghetto erhalten.
Archiv Jüdisch Historisches Institut Warschau.
[…] Ich sollte ein paar heutige Worte und Tage hinzufügen, die in der Geschichte von Lublin als die schwärzesten bleiben. Die Juden stehen in der Mitte eines blutigen teuflischen Tanzes. Das […] Lublin […], findet in Blut und Tränen statt. Das jüdische Hab und Gut ohne […] Über 10 Tausend Juden wurden schon vertrieben […]. […] kleine Straßen. Hunderte von Toten liegen herum […] verlassene Wohnungen und ohne genug […] Waisenhaus und Altenheim […] ihre […] wurden weggeschickt […] nicht zurück […] im Laufe […] irren wir herum […] müde, schmerzend und zerschlagen. Mehr kann ich nicht […] ich kann nur noch zu Euch hinausschreien: helft. Gebt hinzu […] und Tote in Leichentüchern. Und […] herausgehen.
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N. N.
Materiały dodatkowe:
Adam Adams
Judy Josephs
Das Wannsee-Konferenz Protokoll
Sammlung von Marek Gromaszek
Über das Ringelblum-Archiv
Adam Adams (Salek Mełamed) wurde am 1. April 1923 in Lublin geboren. Sein Vater Jakub Mełamed stammte aus Kowel. In Lublin führte er einen Stoffladen – die Lubliner Manufaktur mit Sitz in der Lubartowska-Straße/Ecke Świętoduska-Straße. Die Mutter von Adam Mindla, geboren Cygielman, führte den Haushalt. Adam hatte drei Schwestern: die ältere Schwester Andzia, verheiratet Zajwsztajn, Hela, verheiratet Goldberg und anderthalb Jahre jüngere Róźka. Sein Großvater mütterlicherseits war Uhrmacher und besaß einen Laden in der Krakowskie-Przedmieście-Straße. Die Familie wohnte im Haus in der Narutowicz-Straße 22, dessen Mitinhaber der Vater von Adam war.
Adam Adams begann seine Bildung in der hebräischen Schule Tarbut und schloss 7 Klassen ab. Er wurde auch zu Hause von einem Talmud-Lehrer unterrichtet. Danach ging er auf das Humanistische Gymnasium, aber nach zwei Jahren wurde seine Schulbildung durch den Kriegsausbruch unterbrochen.
Gleich nach dem Einmarsch der Deutschen in Lublin wurde die Familie von Adam aus ihrer Wohnung rausgeworfen und wohnte dann im Geschäft des Vaters. Ende 1939 versuchte ein Teil der Familie über den Fluss Bug zu fliehen – sie wurden aber festgenommen und verbrachten ein paar Monate im Lubliner Burggefängnis. Im Ghetto lebte die Familie dann zuerst in der Lubartowska-Straße und später wurden sie ins Ghetto Majdan Tatarski umgesiedelt. Adam beschloss damals, zusammen mit einem Freund Julek Fogelgarn zu fliehen. Sie gingen zu Justyna Cękalska, die in der Środkowa-Straße wohnte und die beiden dort im Keller versteckte. Sie verbrachten über 6 Monate in diesem Versteck und überlebten bis zur Befreiung von Lublin. Nach dem Krieg wurde Justyna Cękalska mit der Medaille „Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet.
Nach dem Kriegsende trat Adam Adams der polnischen Armee bei. Im Jahre 1945 wurde er vom Dienst entlassen und verließ das Militär. Er zog dann nach Wałbrzych (Waldenburg), wo er eine kurze Zeit ein Lebensmittelgeschäft betrieb. Dort lernte er die aus Drohobycz stammende Alicja kennen, die er 1946 heiratete. Kurz danach verreisten sie nach Paris und zwei Jahre später nach London, wo sie sich dauerhaft niederließen. Sie hatten einen Sohn. In England besaß Adam eine Krawattenfabrik. Im Jahre 1992 ging er in Pension und übergab das Geschäft an seinen Sohn. Adam Adams starb im Jahre 2020.

Judy Josephs, vor dem Krieg Jochweta Finkelsztein, wurde am 15. August 1928 in Lublin geboren. Die Namen der Eltern: der Vater Chuna Finkelsztein und die Mutter Rachela, geboren Greenberg. Der Vater hatte eine Schneiderwerkstatt in der Narutowicz-Straße und die Mutter führte den Haushalt. Geschwister: Schwester Brandla und drei Brüder: Izaak, Eli und Mosze. Die Familie wohnte in der Misjonarska-Straße 12 in Lublin.
In der Besatzungszeit musste Judy zusammen mit ihrer Familie im Lubliner Ghetto wohnen. Während der Liquidierung des Ghettos gelang es ihr, über den Stacheldraht zu fliehen und nach Osmolice zu gehen. Später schlossen sich ihre Eltern ihr an. In Osmolice hielt sich die Familie von März bis Oktober 1942 auf. Von dort aus wurden die Eltern von Judy nach Bełżec verschleppt und sie meldete sich nach der Überredung ihres Bruders als Polin zur Zwangsarbeit nach Deutschland. Sie arbeitete dann in einem Architekturbüro und dann als Dienerin im Haus des Hauptarchitekten. Aus Angst, dass ihre wahre Identität entdeckt wird, beschloss sie, nach ein paar Monaten aus Berlin zu fliehen. Sie gelangte ins Generalgouvernement und verstecke sich bis zum Kriegsende auf arischen Papieren in Rogów, wo sie als Dienstmädchen bei einer polnischen Familie arbeitete.
Nach dem Krieg kehrte Judy in ihre Wohnung in der Misjonarska-Straße zurück. Während der Besatzung hatte sie ihre ganze Familie verloren. Da sie keine Perspektiven für sich sah, ging sie mit ihrer Cousine zur amerikanischen Besatzungszone und von dort aus nach Palästina. Sie gründete dort eine Familie und bekam Kinder und Enkelkinder. Jetzt lebt sie in den Vereinigten Staaten.

Das Wannsee-Konferenz Protokoll
Das Protokoll der Sitzung vom 20. Januar 1942 beginnt mit der Auflistung der Teilnehmer.
Im Wesentlichen jedoch wird im Protokoll eine Sprache benutzt, die die Dimension von Unrecht und Gewalt bewusst verschleiert. Geplante und bereits geschehene Massentötungen wurden bei der Besprechung zwar mutmaßlich angesprochen, im Protokoll sind sie aber nur zwischen den Zeilen zu finden.
Der zweite Teil beschreibt den Auftakt der Besprechung: Reinhard Heydrich eröffnete sie mit dem Hinweis auf seine Befugnisse und stellte die Ziele der Besprechung vor. Danach fuhr er fort mit einem Bericht über die bisherigen Vertreibungen von Jüdinnen und Juden. Auf Seite fünf endet der zweite Teil des Protokolls. Es wird darauf hingewiesen, dass die Auswanderung, die es bisher gab, inzwischen verboten sei.
Abschnitt drei nennt anschließend als künftige Vorgehensweise die „Evakuierung […] nach dem Osten“. Weiter heißt es: „Diese Aktionen sind lediglich als Ausweichmöglichkeiten anzusprechen, doch werden hier bereits jene praktischen Erfahrungen gesammelt, die im Hinblick auf die kommende Endlösung der Judenfrage von wichtiger Bedeutung sind.“
Da auch von einer „vorherigen Genehmigung durch den Führer“ die Rede ist, wird also auch konkret auf Hitler Bezug genommen und dessen Billigung des Vorgehens.
Auf Seite sieben unten behandelt das Protokoll den Plan, die in den Osten deportierten Jüdinnen und Juden durch Zwangsarbeit nicht nur auszubeuten: „In großen Arbeitskolonnen, unter Trennung der Geschlechter, werden die arbeitsfähigen Juden straßenbauend in diese Gebiete geführt, wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird.“ Anders ausgedrückt: Die Menschen sollten durch Zwangsarbeit ermordet werden.
Der vierte und letzte Abschnitt ab Seite zehn dokumentiert den Versuch, klare Vorgaben zu machen, welche Menschen deportiert werden sollen. Dabei werden verschiedene Verwandtschaftsbeziehungen erläutert, die zu sogenannten „Mischlingen“ ersten oder zweiten Grades führen und sogenannte „Mischehen“ thematisiert.
Vom Protokoll der Besprechung am Wannsee gab es dreißig Ausfertigungen oder Kopien, doch bis heute ist nur ein einziges Exemplar gefunden worden. Das Original des Protokolls befindet sich im “Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes, Berlin” (R 100857, Bl. 166-188).
Das Wannsee-Protokoll in der Originalfassung

Sammlung von Marek Gromaszek
Die vorliegende Sammlung „Kriegsfotos von Lublin” besteht aus mehr als 130 Fotos aus der privaten Kollektion von Marek Gromaszek. Die von deutschen Soldaten gemachten Fotos stellen vor allem das Kriegsbild von Podzamcze und von der Altstadt dar. Einige Abzüge enthalten Informationen auf der Rückseite, auf einigen sind Daten zu sehen. Die meisten Fotos sind im Format von Halbpostkarten. Die gesamte Sammlung wurde vom Zentrum „Grodzka Tor – Theater NN“ in Lublin digitalisiert.

Über das Ringelblum-Archiv
Das Untergrund-Archiv des Warschauer Ghettos, das so genannte Ringelblum-Archiv, wurde in die UNESCO-Liste „Memory of the World“ als Weltkulturerbe aufgenommen. Es handelt sich um eine einzigartige Sammlung von Dokumenten, die eines der wichtigsten Zeugnisse für das Leben und die Vernichtung der polnischen Juden darstellt. Auf Initiative des Historikers Dr. Emanuel Ringelblum begann im November 1940 die von ihm im Warschauer Ghetto gegründete Organisation Oneg Szabat (Freude am Samstag) mit der Sammlung und Zusammenstellung von Dokumenten über das Schicksal der Juden unter deutscher Besatzung. Emanuel Ringelblum und die meisten seiner Mitarbeiter überlebten das Ende des Krieges nicht. Das erhaltene Archiv umfasst über 35.000 Dokumente, die im Jüdischen Historischen Institut in Warschau aufbewahrt werden.
Jüdisches Historisches Institut (Englisch)
Gesamtausgabe des Ringelblum-Archivs (Englisch)